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11 Art. 240 Abs. 1 und 2 StGB.
Der Grundtatbestand nach Art. 240 Abs. 1 StGB ist bereits erfüllt, wenn
die Fälschung nicht leicht erkennbar nicht bloss wenige Falsifikate
mit geringem Nominalwert hergestellt worden sind, auch wenn die Vorge-
hensweise des Täters einfach war und er nur geringe kriminelle Energie
aufgewendet hat. Das gebietet der Umstand, dass die Voraussetzung zur
Annahme des privilegierten Tatbestands von Art. 240 Abs. 2 StGB nicht
das Vorliegen eines "leichten", sondern eines "besonders leichten" Falles
ist.
Aus dem Entscheid des Obergerichts, 1. Strafkammer, vom 18. August
2010, i.S. P.L.F. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau
(SST.2010.145)
2.2.3. Allgemein gültige Kriterien, wann ein besonders leichter
Fall vorliegt, wurden von Rechtsprechung und Lehre bislang nicht
entwickelt. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung liegt ein sol-
cher vor, wenn die Fälschung für jedermann leicht erkennbar ist oder
wenn nur wenige Falsifikate mit geringem Nominalwert hergestellt
worden sind (BGE 133 IV 256 E. 3.2 mit Hinweisen). Es genügt
nicht, dass ein Fall bloss als leicht erscheint. Andererseits wird in der
Rechtsprechung ausgeführt, das Vorgehen der Nominalwert der
Fälschungen müsse eine kriminelle Energie offenbaren, welche die
Annahme des Grundtatbestandes mit einer Mindeststrafe von einem
Jahr Freiheitsstrafe gebiete (vgl. BGE 133 IV 256 E. 3.2).
Die obengenannten Kriterien helfen in einem Fall, wie er vorlie-
gend zu beurteilen ist, nicht weiter, denn in diesem kann einerseits
aufgrund der Vorgehensweise des Täters und des Nominalwerts nicht
ernsthaft von einer kriminellen Energie gesprochen werden, die eine
Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe gebieten würde. Ande-
rerseits liegt aber aufgrund der Qualität, der Anzahl und des Nomi-
nalwerts der Falsifikate auch kein "besonders" leichter Fall vor. Nach
dem oben Gesagten ist jedoch, auch wenn das Bundesgericht in
einem vergleichbaren Fall (BGE 133 IV 256) unter Hinweis auf den
richterlichen Ermessensspielraum entschieden hat, die Annahme des
privilegierten Tatbestandes verletze kein Bundesrecht, immer dann
vom Grundtatbestand auszugehen, wenn kein besonders leichter Fall
vorliegt. Entscheidend für die Annahme des privilegierten Tatbestan-
des der Geldfälschung ist somit ausschliesslich, ob die Fälschung für
jedermann leicht erkennbar war nur wenige Falsifikate mit
geringem Nominalwert hergestellt worden sind.
2.3.3. Der Angeklagte hat gemäss diesbezüglich anerkanntem
Sachverhalt mit einem professionellen Farblaserkopierer bei seinem
damaligen Arbeitgeber 26 falsche Banknoten Fr. 20.00, 48 falsche
Banknoten Fr. 50.00 und 13 falsche Banknoten Fr. 100.00, insge-
samt 87 falsche Banknoten mit einem Nominalwert von Fr. 4'220.00,
hergestellt.
Sowohl die Anzahl von 87 Falsifikaten als auch der Nominal-
wert von Fr. 4'220.00 sprechen gegen die Annahme eines besonders
leichten Falles (LENTJES MEILI / KELLER, Basler Kommentar, StGB
II, 2. Aufl., Basel 2007, N. 22 zu Art. 240). Bei 87 Banknoten kann
nicht mehr von bloss wenigen Falsifikaten gesprochen werden. Auch
der Nominalwert von Fr. 4'220.00 ist nicht gering. Dieser Betrag ist
mehr als zehn mal höher als der vom Bundesgericht betreffend
Art. 172ter StGB festgelegte Grenzwert für die Annahme eines "gerin-
gen Vermögenswertes" (Fr. 300.00, BGE 121 IV 261). Auch im Ver-
gleich zu dem vom Bundesgericht bei der Sachbeschädigung als
grossen Schaden im Sinne von Art. 144 Abs. 3 StGB festgelegten
Grenzwert von Fr. 10'000.00 (Urteil des Bundesgerichts
6B_202/2010 vom 31. Mai 2010) kann der Nominalwert der Falsifi-
kate von Fr. 4'220.00 nicht mehr als so gering bezeichnet werden,
dass von einem besonders leichten Fall gesprochen werden könnte.
Werden die gefälschten Banknoten betrachtet, so sehen sie wie
echte aus. Die Farben sind originalgetreu und beim Kopieren sind
Merkmale gebrauchter Banknoten wie z.B. Faltstriche übernommen
worden. Wären die zur Kennzeichnung als Falsifikate angebrachten
Löcher nicht vorhanden, schöpfte der Betrachter keinen höchs-
tens beim Befühlen allenfalls einen gewissen Verdacht. Die vom An-
geklagten hergestellten Banknoten sind nur bei genauer Überprüfung
der Sicherheitsmerkmale bei guten Verhältnissen (gutes Licht, genü-
gend Zeit, keine Durchmischung mit echten Banknoten) von echten
Banknoten zu unterscheiden. Es trifft zwar zu, dass der Angeklagte
die Falsifikate nicht speziell nachbearbeitet hat (z.B. durch Nach-
ahmung von Sicherheitsmerkmalen) und er gewöhnliches Papier ver-
wendet hat. Das führt aber nicht dazu, dass es sich vorliegend um
leicht erkennbare gar plumpe Falsifikate handeln würde. Auf-
grund der eigenen Wahrnehmung steht für das Obergericht fest, dass
die Qualität der Falsifikate so gut ist, dass sie nicht für jedermann
leicht als gefälscht erkennbar sind. Dieser Befund deckt sich mit den
bei der Fachstelle des Polizeikommandos Aargau vorgenommenen
Abklärungen. Auch in den Augen dieser Fachstelle soll es sich bei
den Falsifikaten um solche sehr guter Qualität handeln. Die Fäl-
schung sei von blossem Auge kaum sichtbar (Rapport der Kantons-
polizei Aargau vom 20. November 2008, act. 211).
Nicht entscheidend für die Frage, ob ein besonders leichter Fall
der Geldfälschung vorliegt, sind der Zeitaufwand des Angeklagten
für die Herstellung der Falsifikate und die Gründe, weshalb er diese
hergestellt hat. Diese Punkte sind im Rahmen der Strafzumessung zu
berücksichtigen.
Zusammenfassend gelangt das Obergericht zum Schluss, dass
kein besonders leichter Fall im Sinne von Art. 240 Abs. 2 StGB vor-
liegt. (...)